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"Hoffen wir erst einmal, die Bewilligung für die Exhumierung zu bekommen"

Fijáte 311 vom 2. Juni 2004, Artikel 1, Seite 1

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"Hoffen wir erst einmal, die Bewilligung für die Exhumierung zu bekommen"

Die Besetzung eines Teils der Militärbasis und das Bekanntwerden der Existenz von Massengräbern hatte zur Folge, dass weitere Organisationen aufs Parkett traten: Die CONIC, um die BäuerInnen bei der VGLandbesetzungNF zu begleiten und die GAM, um den Exhumierungsprozess zu unterstützen. Diese Situation hat bei den Militärs und ihrer Gefolgschaft höchste Alarmstufe ausgelöst. Die Folge davon waren die Drohungen gegen die BäuerInnen. Diese Drohungen sehen folgendermassen aus: - Den Leuten wird gesagt, dass der Prozess bezüglich der Landräumung jederzeit vorangetrieben werden könne. - Ihre Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt, indem der Weg, der direkt zu ihren Häusern führt, geschlossen wurde; jetzt müssen sie durch die Militärzone gehen, um nach Hause zu kommen. - In unmittelbarer Nähe ihrer Siedlungen wurde ein Schiessplatz angelegt. - Die Richter haben ihnen angedroht, dass, ,,wenn sie die Toten aus den Gräbern holen, sie die nächsten Toten sein werden". Frage: Wer hatte die Initiative ergriffen, damit ein Mediationsverfahren zustande kam? M.P.: Nach den Räumungsdrohungen haben sowohl CONIC wie die GAM entschieden, Hilfe bei VGCONTIERRANF anzufordern. CONTIERRA ist eine staatliche Institution, welche die Kompetenz hat, MinisterInnen und Staatsekretäre zusammen zu rufen, um bestimmte Themen zu verhandeln. Die Verantwortliche von CONTIERRA lädt zu den Treffen ein und moderiert sie auch. Am ersten Treffen einigte man sich darauf, weitere Akteure wie OCRET (Kontrollstelle für territoriales Staatseigentum, wie z.B. Flussund Meeresufer, die in Guatemala per VGVerfassungNF staatliches Eigentum sind), VGFONTIERRANF und Bienes del Estado (zuständig für übriges staatliches Eigentum, wie z.B. die Militärkasernen). Die ersten beiden Treffen verliefen sehr gut. Wir erzielten echte Erfolge, doch beim dritten Treffen schien es, dass sich die VertreterInnen der staatlichen Institutionen im Vorfeld mit den Militärs abgesprochen hatten und wir mussten ein paar Rückschläge einstecken. Frage: Worüber wird verhandelt? M.P.: Die Themen sind: - Bewegungsfreiheit - keine Räumung des besetzten Landes - dass das Land überschrieben wird vom Militär an Bienes del Estado und dass in diesem Dokument festgehalten wird, dass das Land von 80 Familien besetzt wird. - Stopp der Drohungen im Zusammenhang mit den geplanten Exhumierungen und Nicht-Behinderung dieses Prozesses. Interessanterweise läuft es mit dem Militär recht gut, schwieriger sind die Verhandlungen mit den anderen Institutionen. Frage: Weshalb wird nicht gefordert, dass das Land direkt an die besetzenden BäuerInnen überschrieben wird? M.P.: Gemäss Verfassung darf das Militär Land weder verschenken noch verkaufen, noch jemandem überlassen, sondern muss es an den Staat zurückgeben, entweder an FONTIERRAS oder an Bienes del Estado. Ist dies einmal geschehen, müssen wir mit einer dieser Institutionen über die Überschreibung des Landes an die BäuerInnen weiter verhandeln. Frage: Welche Strategie verfolgt die GAM in diesem Mediationsprozess? M.P.: Wir sind in erster Linie um das Wohl der BäuerInnen besorgt und darum, dass sie von den StaatsvertreterInnen und vor allem vom Militär nicht übers Ohr gehauen werden.

Frage: Wie ist die Stimmung während des Mediationsverfahrens? M.P.: Die BäuerInnen fühlen sich sicher, denn in Wirklichkeit sind sie es, die am längeren Hebel sitzen, da sie das Land besetzen und das Militär verhindern will, dass es auf seinem Gebiet zu einer Landräumung kommt. Vor allem nicht, wenn gleichzeitig die Formalitäten für eine Exhumierung laufen. Der Vertreter des Militärs ist einer der Moderateren innerhalb seiner Institution und zeigte sich anfänglich offen und flexibel. Beim dritten Treffen jedoch änderte sich seine Haltung. Er bekam wohl entsprechende Befehle von oben oder die intolerante Art der anderen Funktionäre hat ihn ,,angesteckt". Frage: Was ist das Schwierigste für dich bei diesen Verhandlungen? M.P.: Die Angst, dass in den Gemeinden etwas passieren könnte aufgrund der Bestrebungen, die die GAM unternimmt. Das hätte auch für unsere Organisation schlimme Konsequenzen, denn es würde andere Gemeinden, in denen es auch geheime Friedhöfe gibt, davon abhalten, Exhumierungen anzustreben, weil die Leute fürchten, ihnen könnte das gleiche geschehen. Frage: Glaubst du, dass Mediation eine erfolgreiche Methode ist, um einen solchen Konflikt zu lösen? M.P.: Es ist das erste Mal überhaupt, dass auch das Militär an einer solchen Konfliktbearbeitung teilnimmt. Und es ist das erste Mal, dass ein geheimer Friedhof auf einer Militärbase exhumiert werden soll. Ich traue mich deshalb noch nicht, irgendwelche Prognosen über den Ausgang der Mediation vorwegzunehmen. Frage: Wie schätzt du den Willen der beteiligten Parteien ein, wirklich zu einer Lösung des Konflikts zu kommen? M.P.: Ihr Wille ­ ich weiss nicht. Auf alle Fälle ist es politisch gesehen von grossem Vorteil für uns, dass der Fall national und international bekannt ist und dass es unterstützende Eilaktionen aus dem Ausland gibt, die fordern, dass man das Recht der besetzenden Familien respektiert und die Exhumierungen zulässt. Frage: Was passiert, wenn es nicht zu einer Einigung kommt? Besteht die Gefahr, dass dann eine Gewaltspirale losdreht, die noch schwieriger zu stoppen ist?

M.P.: Es KOMMT zu einer Einigung. Die Familien sind nun mal auf diesem Land und dem Militär kommt es nicht gelegen bzw. sie wollen nicht, dass es zu einer Räumung kommt. Die nationalen und internationalen Kosten wären zu hoch für sie und ausserdem stehen sie kurz vor dem Abzug aus der Gegend. Eine Möglichkeit wäre, dass das Militär das Land an FONTIERRAS abgibt, und diese einen Räumungsbefehl ausstellt, was ich jedoch nicht glaube. Eine andere Möglichkeit ist, dass, wenn das Militär erst einmal abgezogen ist, noch mehr Familien das ehemalige Militärgelände besetzen. Und da besteht

die grosse Gefahr, dass Sympathisanten des Militärs, die nach wie vor bewaffnet sind, mit sozialen Säuberungen beginnen, womit die Gewaltspirale losgetreten wird. Herzlichen Dank für das Interview!


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